Nach Hof ist vor Lünen. Die NRW-Premiere von John Seidlers DAS WUNDER VON TAIPEH findet im Rahmen der Jubiläumsausgabe (30 Jahre!) des wunderbaren Kinofests Lünen statt. Der Film startet im Wettbewerb um den Dokumentarfilmpreis RuhrPott.
Freitag, 15.11.2019 um 17:45 Uhr im Kino 1 Cineworld Lünen, Im Hagen 3, 44532 Lünen
Ich freu mich drauf, meinen Score im großen Kinosaal zu erleben!
Hier auf meiner Seite hat ab Mitte 2018 ein wesentlicher Teil meines Einsatzes für die EU-Urheberrechtsrichtlinie stattgefunden. Konkret haben diejenigen längeren Texte von mir hier eine Heimat gefunden, die gedacht, formuliert und veröffentlicht werden mussten, ohne dass es in dem Moment einen konkreten Abnehmer gegeben hätte. Darunter ein längeres Essay mit dem Titel DIGITALER FEUDALSIMUS, an dem der MDR seinerzeit übrigens besonders die „Farbverläufe“ (es sind keine) der „Bebilderung“ erwähnenswert fand. Was viel darüber erzählt, auf welch unsäglichem Niveau große Teile der Debatte zu verorten sind.
Ein Blick in die Autorenliste lässt mich bezweifeln, dass sich alle Autoren gleichermaßen darüber freuen, miteinander in diesem Band versammelt zu sein. Ich jedenfalls freue mich, denn dieser Text bedeutet mir viel.
DAS WUNDER VON TAIPEH Kinodoku, D 2019, von John David Seidler, Corso Film mit WDR & 3Sat, mit meiner Musik, erlebt die Uraufführung der Kinofassung auf den Hofer Filmtagen 2019.
Premiere: Fr 25.10.2019 um 21.15 (Regina)
Festivalscreenings: Sa 26.10., 16.00 (Casino) und So 27.10., 16.00 (Central).
Vorabinfo Hofer Filmtage: DAS WUNDER VON TAIPEH Regie: John David Seidler (D) 1981 fand in Taiwan eine erste Fußballweltmeisterschaft der Frauen statt – zu einer Zeit, als der DFB den Frauenfußball, der in Deutschland bis 1970 offiziell verboten war, mehr duldete als förderte. Da keine Frauennationalmannschaft existierte, wurden die deutschen Rekordmeisterinnen der SSG 09 Bergisch Gladbach nach Taipeh eingeladen. Sie mussten ihre Reisekosten selbst bezahlen – und holten prompt den Titel. Im Jahr darauf wurde dann die erste Frauen-Nationalmannschaft innerhalb des DFB ins Leben gerufen. https://hofer-filmtage.com/spannendes-vom-dokumentarfilm/
Die überaus tollen Leute vom VUT finden mein kulturpolitisches Engagement so „unermüdlich“ und „unaufgeregt“, dass sie mir ihren VIA-Sonderpreis gegeben haben.
Nun bin ich nach einer Woche Hamburg für zwei Nächte zu Hause, bevor es schon wieder in politischen Dingen nach Berlin geht, und muss sagen:
[Edit: Oops. Da habe ich doch glatt vergessen, diesen Beitrag zu veröffentlichen. Dabei ist der definitiv zu schade zum Gelöschtwerden. Und das Hörspiel gibt’s ja im Übrigen auch auf CD.]
Am Pfingstwochenende 2019, genauer am 9. & 10.6., ist auf WDR5 (19:04) die Wiederholung eines absoluten Lieblingsprojekts zu hören. In zwei Teilen wird das WDR-Kinderhörspiel WIE MAN UNSTERBLICH WIRD nach dem absolut herausragenden Roman von Sally Nicholls ausgestrahlt.
Das war eines dieser Projekte, bei denen man von der ersten Minute an weiß, dass etwas Großes entsteht. Eines, wie man es nur alle paar Jahre in die Finger kriegt: bedeutsam, berührend, bleibend und seinerzeit daher mit quasi jedem deutschen Hörspielpreis ausgezeichnet.
WIE MAN UNSTERBLICH WIRD WDR 2009 Hörspielbearbeitung: Karlheinz Koinegg Komposition: Andreas und Matthias Hornschuh Regie: Angeli Backhausen Redaktion: Ulla Illerhaus
>>“Ich heiße Sam. Ich bin elf Jahre alt. Ich sammle Geschichten und interessante Tatsachen. Wenn du das hier hörst, bin ich vermutlich tot.“ Hallo?! Ein Hörspiel über einen Jungen, der nicht nur so gut wie tot ist, sondern vielleicht sogar tatsächlich stirbt? Okay, es war zuerst ein Buch. Sally Nicholls hat die komische, todtraurige Geschichte des elfjährigen Sam und seines Freundes Felix erzählt, die beide an der unheilbaren Krankheit Leukämie leiden und trotzdem ihren Humor nicht verlieren. „In Büchern geht es doch immer nur um Kinder, die die Welt retten oder solche, die in der Schule verprügelt werden. Über uns würde ja keiner schreiben.“ Genau! Deshalb schreibt Sam lieber gleich selber auf, was er darüber denkt.<< (WDR)
_____ Übrigens: Wer an Leukämie erkrankt, dessen Leben hängt davon ab, ob ein passender Stammzellenspender gefunden wird. Wer mich ein bisschen kennt, der weiß, dass mir das nicht nur wegen dieses Hörspiels am Herzen liegt. Bei der DKMS, kann man sich typisieren lassen. Kost nix, tut nicht weh, rettet Leben. Machen!
Am späten Abend des 5.6.2019 sind im WDR-Fernsehen DIE WELTMEISTERINNEN von John David Seidler zu hören & zu sehen. Dabei handelt es sich um die 45-Minuten-TV-Fassung des Films; zur Zeit arbeiten wir unter Hochdruck an der Kinofassung, die im Herbst auf Festivaltour gehen und 2020 auf 3Sat laufen wird. Die Musik stammt von mir.
Ein wirklich sehens- (& hörens-)werter Film, bei dem es um unglaublich viel mehr geht als Fußball. Beispielsweise um chauvinistische Männer und starke Frauen. Und um einen deutschen Frauenfußballweltmeister in einem Jahr, in dem Deutschland (noch) gar keine Frauenfußballnationalmannschaft hatte.
Es ist ein bisschen, als wolle jemand, der kaum das Einmaleins beherrscht, die Welt über Integralrechnung belehren, wenn Martina Michels, MdEP / Die Linke, sich über die Gründe äußert, die ihrer Ansicht nach gegen die EU-Urheberrechts-Richtlinie sprechen.
Auf Offene Briefe gibt es keine Antwort, dafür aber mit großer Wahrscheinlichkeit ein nächstes Interview, in dem sie exakt das sagt, was sie auch vorher schon sagte.
Weil aber in den Äußerungen von Frau Michels ein so fundamentales Unverständnis zentraler Rechts- und Marktprinzipien in Kultur und Medien zum Ausdruck kommt, dass sich daraus notwendigerweise folgenreiche Fehleinschätzungen des Wirk-Potenzials der Richtlinie ergeben, gibt es nun schon wieder … einen Offenen Brief.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Es liegt mir fern, Politiker irgendeiner Art von Pauschalverdächtigung auszusetzen. Ich meine, stellen wir uns mal vor, wir müssten heute über Glyphosat, morgen über Atommüll-Endlagerung und an den darauf folgenden Tagen über Plattformhaftung sprechen, und letzteres dann auch noch aus
urheberrechtlicher,
medienrechtlicher,
datenschutzrechtlicher und
kartellrechtlicher
Perspektive, dann liegt auf der Hand, dass niemand da über alles im Detail Bescheid wissen kann. Das ist letztlich auch nicht deren Aufgabe, sondern die von Experten wie zum Beispiel Fachjuristen.
Es ist aber meines Erachtens eine Frage des Anstands, dieses Nicht- oder Nurhalb-Wissen dann auch einzugestehen und damit verantwortungsvoll umzugehen.
[EDIT: Es gibt mittlerweile so etwas wie ein klitzekleines Eingeständnis einer klitzekleinen Unschärfe, die aber nicht etwa Folge einer Fehlenschätzung war, sondern nur dem fehlenden Platz in einem Interview geschuldet.]
Warum die Copyright-Richtlinie keine Zensur einführt, die Meinungsfreiheit nicht zerstört und auch sonst mit dem Grundgesetz im Einklang ist.
Der Professor für Öffentliches Recht und Schriftsteller Thomas Elbel über die verfassungsrechtlichen Implikationen des heiß umkämpften Artikels 13 im Gesamtkontext der EU-Urheberrechtsrichtlinie.
Der Vorwurf
der ZENSUR
Überall heißt
es, die Copyright-Richtlinie führe zu Zensurmaschinen. Jetzt steht
natürlich jedem sein eigener Zensurbegriff frei, aber die
Bezeichnung macht nach meinem Verständnis nur dann Sinn, wenn sie zu
Recht auf den verfassungsrechtlichen Zensurbegriff des Art. 5 Abs. 1
S. 3 des Grundgesetzes gründet. Schon Internet-Doyen Sascha Lobo hat
in einer Kolumne auf SPON vom 2.1.19 („Blocken in sozialen Medien
ist Freiheit, keine Zensur“) darauf hingewiesen, dass eine
Überdehnung des Zensurbegriffes unsinnig ist. Er wird dadurch am
Ende zu einer sinnfreien Leerformel, der keine Bezeichnungsmacht mehr
zukommt. Die Uploadfilter, von denen in der Debatte um die
Copyright-Richtlinie die Rede ist, sind aber aus zwei Gründen
niemals Zensur.
Ich will jetzt gar nicht davon anfangen, dass der umstrittene Art. 13 der Copyright-Richtlinie Filter gar nicht zwingend vorschreibt. Der Hase liegt nämlich woanders im Pfeffer. Das vergleichsweise schwächere Argument wäre zunächst einmal, dass wenn ein solcher Filter z.B. von YouTube (soll jetzt mal stellvertretend für die betroffenen Plattformen stehen) eingerichtet würde, dieser ja ein privates Instrument wäre.
Der verfassungsrechtliche Zensurbegriff erfasst aber nur staatliche Eingriffe in den Meinungsmarkt.
Wäre auch ein privater Eingriff Zensur, wäre ja jede Ausübung der Richtlinienkompetenz eines Zeitungsverlegers ein Fall von Zensur.
Man könnte
natürlich insoweit gegenargumentieren, dass die Filter hier indirekt
vom Staat vorgegeben wären, jedenfalls wenn man in der Richtlinie
eine entsprechende Verpflichtung mittelbar erkennen will, aber selbst
dann fehlt für Zensur noch ein weiterer wichtiger Aspekt, nämlich
die Gezieltheit des Eingriffs. Zensur im Sinne des Grundgesetzes ist
nämlich nicht jeder beliebige staatliche Eingriff in den
Meinungsaustausch, sondern nur ein solcher, der gezielt in einen
bestimmten Teil des Meinungsspektrums eingreift, z.B. ein Verbot
aller Gegenäußerungen zur Copyright-Richtlinie. Ein
unterschiedsloser Eingriff in alle Meinungen aber, egal ob nun links,
rechts, liberal oder was auch immer, ist keine Zensur. Diese
Interpretation des Zensurbegriffes ergibt sich aus der Zusammenschau
des Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG mit Abs. 2 derselben Vorschrift, wo es
heißt, dass die Rechte aus Abs. 1 unter der Schranke der
„allgemeinen Gesetze“ stehen. Der Staat darf also durchaus in die
Meinungsfreiheit eingreifen, so lange der Eingriff lediglich
„allgemein“ oder im Sinne meiner vorangegangenen Begriffsbildung
„ungezielt“ ist.
Diese Auslegung
des Zensurbegriffs ergibt sich z.B. aus folgendem Zitat aus einem
Urteil des Bundesverfassungsgerichts:
„Unzutreffend
ist die Annahme des Beschwerdeführers, das Verbot der Verbreitung
komme einer Vorzensur gleich. Art. 5 GG, der das Zensurverbot aus
Absatz 1 Satz 3 neben die Schrankenbestimmung des Absatzes 2 stellt,
verdeutlicht schon durch dieses Nebeneinander, dass das Zensurverbot
nicht betroffen ist, wenn zur Durchsetzung eines in einem allgemeinen
Gesetz geschützten Rechtsguts die dort vorgesehenen
Rechtsschutzmöglichkeiten genutzt werden. Eine auf die Unterlassung
einer konkreten Persönlichkeitsverletzung zielende gerichtliche
Entscheidung steht der behördlichen Vorprüfung oder Genehmigung des
Inhalts einer Veröffentlichung nicht gleich (zum Zensurverbot vgl.
BVerfGE 33, 52 <71 ff.>).“; aus:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2006/05/rk20060502_1bvr050701.html
Uploadfilter können also in diesem Sinne auch deswegen keine Zensur sein, da sie unterschiedslos das gesamte Meinungsspektrum betreffen.
Trotzdem findet
sich das besagte Mem von den Uploadfiltern als Zensurmaschinen in
gefühlt jedem zweiten kritischen Beitrag zur Copyright-Richtlinie,
so z.B. auch in einem Beitrag vom 28.2.19 auf dem Blog des von
urheberrechtskritischen Stimmen seit Jahren immer wieder gern
zitierten Münchner Anwalts Thomas Stadler. Der sehr stimmgewaltige
Herr Stadler wird einem ob seiner vielfachen Äußerungen zu allen
möglichen Themen des Medienrechts darum auch immer wieder gerne als
Experte präsentiert. Leider scheint der Gedanke weniger populär,
dass derartige Anwaltsblogs ja in erster Linie auch Werbeplattformen
sind, die sich inhaltlich primär an die jeweilige Mandantschaft
richten. Schaut man sich die Tätigkeitsschwerpunkte von Herrn
Stadler auf dessen Anwaltswebsite an, so fällt auf, dass er
vornehmlich um Mandantschaft wirbt, die aus medienrechtlichen
Vorschriften in Haftung genommen wird. Es ist nicht weiter
verwunderlich, wenn er in seinen öffentlichen Äußerungen diesem
Klientel sympathische Positionen einnimmt. Da müsste man doch
derartige Äußerungen eigentlich mit einem Körnchen Salz nehmen.
Aber in der öffentlichen Debatte wirkt es mitunter, als ob Herr
Stadler, oder sein auch sehr gern zitierter Kollege Solmecke in ihren
Blogs quasi neutrale und wissenschaftlich fundierte Fachartikel zum
Besten geben.
Der Vorwurf der EINSCHRÄNKUNG DER MEINUNGSFREIHEIT
Aber das ist
nicht der einzige Behauptungsfehler der Richtliniengegner. Ein
weiteres Beispiel: Eine der Kernaussagen der Gegnerschaft von Art. 13
ist ja sinngemäß: Uploadfilter führen zu einer unverhältnismäßigen
Einschränkung der Meinungsfreiheit, weil sie eine immense Anzahl so
genannter „False Positives“ produzieren werden. Denn eine KI kann
z.B. nicht erkennen, dass statt einer Urheberrechtsverletzung nur
eine gesetzlich erlaubte Parodie oder ein Zitat vorliegt (letzteres
hat mich übrigens nie überzeugt; warum sollte eine KI nicht den
Unterschied zwischen Original und Teilmenge des Originals erkennen,
aber wie auch immer).
Was mich an
dieser Behauptung stört ist, dass sie aus einer Kette von Axiomen,
also beleglosen Tatsachenbehauptungen („KI kann nicht erkennen,
dass …“) und ebenso beleglosen oder letztlich sinnfreien, weil
referenzlosen Bewertungen („immense Anzahl von False Positives“)
zusammengesetzt ist.
Ich möchte etwas
näher ausführen, wie ich das meine. Dazu möchte ich so tun, als
sei Art. 13 bereits erlassen und findige Gegner versuchten nun, der
Vorschrift auf dem Rechtsweg den Garaus zu machen, denn das ist ja
auch kein völlig unrealistisches Szenario. Ich hoffe, die geneigten
Leserinnen und Leser interpretieren es nicht allzu sehr als
berufliche Eitelkeit, wenn ich behaupte, dass eine derartige
juristische Betrachtungsweise hilft, der obigen Behauptung den Nebel
auszutreiben. Dazu beginne ich mit einem Beispielssachverhalt:
Der deutsche
Staatsbürger Ulrich Uploader (U) lädt die berühmte Würgeszene mit
Darth Vader und Moff Tarkin aus Star Wars IV auf YouTube hoch. Der
Szene ist eine für eine halbe Sekunde sichtbare Tafel mit dem Text
„Groko-Kabinett-Besprechung“ vorgeschaltet. U will das als Kritik
an der momentanen Regierung und ihrer Liebe zu „imperialer Politik“
verstanden wissen.
Unterstellen wir
für Zwecke des Falles mal, dass der Filmrechteinhaber der
betreffenden Szene ein europäisches Unternehmen wäre. Dieses
Unternehmen hat YouTube keine Lizenz zum Zeigen des Films oder von
Ausschnitten davon gegeben. Selbstverständlich sind alle bekannten
Schranken des deutschen Urheberrechts (Zitat, Parodie etc.)
anwendbar. YouTube hat sich entschieden, das Problem des Hochladens
nichtlizenzierter Filme – wie jeher – durch sein Filtersystem
ContentID zu lösen, das seit Einführung des Art. 13 flächendeckend
eingesetzt wird.
ContentID
identifiziert das von U hochgeladene Video trotz der vorgeschalteten
Texttafel als schlichten Filmausschnitt und löscht ihn daher noch
vor Abschluss des Hochladevorgangs.
U beschwert sich bei YouTube über das von der Richtlinie vorgesehene Beschwerdeverfahren (Art. 13 Abs. 8 des aktuellen Entwurfes). Würde YouTube dem nun stattgeben und den Content hochladen, wäre der Fall hier bereits zu Ende, da U ja bekommen hätte, was er will. Gehen wir also davon aus, dass YouTube – im Rahmen der Nachkontrolle, die nunmehr logischerweise von einem echten Menschen durchgeführt wird – nicht abhilft, weil man dort der Meinung ist, die Szene stelle allein aufgrund der vorgeschalteten Tafel keine Parodie im Sinne der auf U anwendbaren deutschen Schrankenbestimmungen und ihrer europäischen Ausgangsnormen dar.
Was kann U jetzt noch machen? Richtig. Klagen
Erster Teil: Rechtsstreit U vs. YouTube – 1. Instanz
Es stellt sich die Frage: Wo würde U eigentlich klagen? Da es sich hier im Kern um einen Rechtsstreit über die Reichweite einer deutschen Urheberrechtsschrankenbestimmung – also Zivilrecht – handelt, und beide Parteien, YouTube und U sich auf Augenhöhe begegnen, mithin der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet ist, geht der Rechtsstreit zur ordentlichen Gerichtsbarkeit. Meinen eigenen Recherchen zufolge ist in so einem Fall eine Überschreitung der Streitwertgrenzen für einen Rechtsstreit beim Landgericht durchaus denkbar. Gehen wir also mal davon aus, die 1. Instanz findet vor der Zivilkammer eines deutschen Landgerichts statt. Gewinnt U, ist der Rechtsstreit wiederum zu Ende, da er bekommen hat, was er will. YouTube müsste den Clip dann hochladen. Also gehen wir davon aus, dass das Landgericht YouTubes Argumentation aus dem Beschwerdeverfahren folgt und den Clip als von den deutschen Schrankenbestimmung nicht erfasst ansieht.
Zweiter Teil: Berufung
Genauso geht es dann vor dem Oberlandesgericht weiter.
Dritter Teil: Revision
Und schließlich
– wenn die Revision zugelassen wird (was ich angesichts der
Tatsache, dass Streits um die Reichweite urheberrechtlicher
Schrankenbestimmungen heutzutage wohl kaum grundsätzliche Bedeutung
haben dürften, allerdings für eher unwahrscheinlich halte) – auch
vor dem BGH, der sich dann, damit es mit unserer Betrachtung
weitergehen kann, ebenfalls YouTubes Sicht anschließt, es handele
sich nicht um eine Parodie.
Sodele.
Und jetzt käme
(jedenfalls in Abwesenheit einer auch von den Untergerichten
initiierbaren so genannten konkreten Normenkontrolle i.S.v. Art. 100
GG) überhaupt erst und auch nur eventuell das BVerfG ins Spiel.
Nämlich dann, wenn der U – seinen Misserfolg bis hierhin
unterstellt – Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des BGH
erhebt.
Nun muss man
allerdings wissen, dass das BVerfG – anders als z.B. der US Supreme
Court – keine „Superrevisionsinstanz“ ist. D.h. es würde sicher
nicht nur deshalb tätig, weil z.B. der BGH bei der Auslegung der
urheberrechtlichen Schrankenbestimmung etwas zu engstirnig war.
Ich halte es
daher für wahrscheinlich, dass das BVerfG eine derartige Beschwerde
gar nicht erst zur Entscheidung annehmen würde.
Aber unterstellen wir aber mal „for the sake of the argument“, das BVerfG würde den Rechtsstreit zur Überprüfung annehmen. Dann wäre Prozessstoff aber wiederum nur die Frage der Weite der urheberrechtlichen Schrankenbestimmung zur Parodie und ob YouTube in diesem Sinne zur Löschung berechtigt war oder nicht.
Die Richtlinie würde in diesem Rechtsstreit also gar keine direkte Rolle spielen. Sie könnte daher m.E. auch nicht Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Überprüfung sein.
Und selbst wenn
sie das wäre und U sich irgendwie – ich weiß nicht wie, aber
unterstellen wir einfach, es ginge – darauf beriefe, dass der
Einsatz der Filter durch YouTube in seinem Fall sein Grundrecht auf
Meinungsfreiheit verletzt. Was wäre denn dann?
Nun dann würde
zuerst mal die Frage im Raum stehen, ob die Meinungsfreiheit im
Verhältnis zwischen U und YouTube überhaupt Anwendung findet, denn
die Grundrechte unserer Verfassung binden laut Art. 1 Abs. 3
Grundgesetz primär nur den deutschen Staat und nicht irgendwelche
amerikanischen Unternehmen.
Etwas anderes
könnte höchstens gelten, wenn wir der Lehre des BVerfG von der
Einstrahlungswirkung der Grundrechte in privatrechtliche
Rechtsverhältnisse folgen und die Frage stellen, welche Auswirkung
die Meinungsfreiheit auf die Entscheidung YouTubes hätte,
Uploadfilter zum Einsatz zu bringen. Und damit wir jetzt irgendwie –
ich weiß nicht genau wie – zur Frage der Verfassungsmäßigkeit
der Richtlinie kommen, um die es den Art.-13-Gegnern ja eigentlich
geht, nehme ich an, müsste YouTube nun die recht gewagte
Argumentation aufmachen, dass die Richtlinie YouTube zur Anwendung
von Uploadfiltern quasi zwingt.
Darauf würde ich als Verfassungsrichter fragen, wo denn in der besagten Richtlinie irgendetwas von Uploadfiltern steht. YouTube würde kurz rot anlaufen und dann irgendetwas von ökonomisch einzig handhabbarer Lösung faseln. Der Verfassungsrichter würde dem dann aber möglicherweise entgegenhalten, dass ein Unternehmen mit geschätzten 8 Milliarden Werbeeinnahmen im Jahre 2019 das Problem der Filterung doch eventuell auch mit einer Kombination aus künstlicher UND humanoider Intelligenz lösen könne. Der YouTube-Anwalt würde sich nun mächtig aufplustern und geltend machen, dass man da ja angesichts von 400h Uploads pro Minute ganze Armeen von Personal anstellen müsste. Die Richter würden wiederum einwenden, die Tatsache, dass stattdessen eine rein automatisierte Filterung angewandt werden solle, sei ökonomisch sicherlich nachvollziehbar, aber letztendlich eben doch eine autonome Entscheidung des Konzerns und könne nicht dem Gesetzgeber angelastet werden, was man ja auch daran sehe, dass ContentID auch schon vor Erlass der Richtlinie angewandt wurde. Gewinnschmälerungen, die wiederum durch eine grundrechtsfreundlichere Variante verursacht würden, müssten vom Konzern dann eben hingenommen werden. Außerdem, so würde ein besonders findiger Verfassungsrichter einwenden, sei es ja kein Naturgesetz, dass Youtube-Postings immer schon wenige Augenblicke nach dem Upload veröffentlicht sein müssten. Eine gewisse Wartezeit sei aus Sicht der User sicherlich auch vor dem Hintergrund der Meinungsfreiheit hinnehmbar. Wer einen papiernen Leserbrief an die Zeitung schreibe, müsse ja auch damit rechnen, dass dieser erst ein paar Tage später veröffentlicht werde. Manchmal sei eine gewisse Entschleunigung in einer Debatte ja vielleicht sogar qualitätsfördernd, würde der Richter mit süffisantem Lächeln hinzufügen.
Was es abzuwägen gilt
Warum dieser detaillierte Ausblick des Verlaufs der Klage eines Bürgers gegen eine von ihm behauptete False-Positive-Löschung? Um zu demonstrieren, dass der Streitstoff hier nicht die platte Frage „Uploadfilter, ja oder nein“ sein wird, sondern eher die Frage, ob YouTube den beiden Vorgaben der Richtlinie „best efforts“ gegenüber den Rechteinhabern und „Verhältnismäßigkeit“ gegenüber den Nutzern gerecht geworden ist. Dabei spielen YouTubes ökonomische Erwägungen m.E. nur eine untergeordnete Rolle, denn es kann von einem Unternehmen erwartet werden, dass es jeden erdenklichen Aufwand auf sich nimmt, wenn es darum geht zu gewährleisten, dass sein Geschäftsmodell die Rechte Dritter nicht verletzt.
Alte Bekannte: Von Störern und Tätern
An dieser Stelle
ist vielleicht ein kleiner Exkurs ganz passend: Haben Sie, liebe
Leser, im Zusammenhang mit der Urheberrechtsdebatte auch schon den
Begriff der Störerhaftung gehört und sich gefragt, was damit
gemeint ist? Vor zwei bis drei Jahren war damit im Zusammenhang mit
der Haftung von privaten Betreibern offener W-LANs viel die Rede.
Damals hieß es oft, den armen W-LAN-Betreibern solle etwas völlig
Exotisches übergeholfen werden. Ich als Jurist habe mir da nur die
Augen gerieben, denn die Störerhaftung ist im deutschen Zivilrecht
eigentlich der Default. Auf ihren abstrakten Kern zurückgeführt,
bedeutet Störerhaftung, dass ich Ihnen dafür hafte, wenn mein
Eigentum schädlich auf Ihr Eigentum einwirkt. Wenn also meine
Brieftaubenzucht dazu führt, dass ihre Hauszufahrt immer voller
Taubenkot ist, hafte ich ihnen auf Entfernung.
Störerhaftung
erfasst darüber hinaus aber auch noch den Fall, dass mein Eigentum
so konfiguriert ist, dass es Dritten die Möglichkeit gibt, schädlich
auf Ihr Eigentum einzuwirken. In diesem Fall hafte ich – etwas
vergröbert ausgedrückt – dann, wenn ich (a) davon weiß, (b) nicht
gegen die Dritten einschreite und wenn (c) eine direkte
Inanspruchnahme der Dritten durch Sie nicht erfolgversprechend ist.
Beispiel: Ich veranstalte in meiner Schreberlaube regelmäßig
Partys, bei denen meine Gäste den Müll auch in ihren angrenzenden
Garten entsorgen. Ihre Tulpenzucht leidet massiv. Auf entsprechenden
Hinweis von Ihnen gebe ich zu Protokoll, dass Partys nun mal zum
Leben dazu gehören. Außerdem bin ich aus Datenschutzgründen nicht
bereit, Ihnen die Namen meiner Gäste zu verraten. In solch einem
Fall hätten Sie gute Chancen, sich die Instandsetzungskosten bei mir
gerichtlich zu erklagen.
Zurück zu YouTube und den anderen
UGC-Plattformen: Im Sinne des Konstrukts der Störerhaftung müsste
YouTube eigentlich sowieso für die Rechtsverletzungen haften, die
die Nutzer vermittelst der Plattform an den Urheberrechten Dritter
verursachen. Dass dem heute nicht so ist, liegt daran, dass YouTube
durch das so genannte Providerprivileg des § 10 TMG von der
Störerhaftung ausgenommen ist. Das muss man sich für die Zwecke der
aktuellen Debatte mal deutlich vor Augen führen: Die Störerhaftung
ist der Default, das Providerprivileg die Ausnahme.
Wie kam es
eigentlich dazu? Weil in den 90er-Jahren eine gewisse gelb-blaue
Partei der ultimativen Freiheit mit an der Regierung war. Diese hat
damals das Argument geäußert, dass sich, wenn für die
Netzwirtschaft dasselbe Haftungsregime gälte wie für Otto
Normalverbraucher, das noch junge Internet nie mit Angeboten
bevölkern würde. Heute wissen wir, dass das Internet bis an die
Halskrause „bevölkert“ ist, aber Bitkom, Eco und wie sie alle
heißen, krallen sich – aus ökonomischer Perspektive völlig
verständlich – an ihrem Privileg fest. Die Copyright-Richtlinie ist
insoweit auch ein Versuch, den Normalzustand der Haftung wieder
herzustellen. Man könnte polemisch ausgedrückt konstatieren, dass
die Urheber auf Grundlage der derzeit noch geltende Privilegierung
die offensichtlich in eternam perpetuierte Startup-Phase der großen
Internetplattformen mitfinanzieren.
Aber zurück zu
den prozessualen Möglichkeiten, die Copyright-Richtlinie überprüfen
zu lassen:
Nun kann man sich fragen, wie man denn dann zu einer Direktüberprüfung der (in der Richtlinie eigentlich gar nicht statuierten) Uploadfilter-„Pflicht“ durch die Verfassungsbeschwerde eines Einzelnen kommen würde, wenn es auf dem bereits beschriebenen Weg nicht so richtig klappt? Die Antwort wäre: indem der WIRKLICHE Direktbetroffene gegen die Richtlinie klagt und das wäre im Ausgangsfall eben nicht U, sondern YouTube (oder eine andere betroffene Plattform).
Überprüfung der RL, Option a: Klage der Plattform
Jetzt könnte man
gleich die Frage stellen, wogegen YouTube denn klagen würde, weil es
in dem Ausgangsfall selbst ja gar nicht beschwert wäre und das
deutsche Recht kennt keine Popularklage, wo man quasi gegen anderer
Leute Elend zu Felde zieht. Eine Klage YouTube vs.
Copyright-Richtlinie wäre daher nur dann denkbar, wenn YouTube z.B.
gegen eine sanktionsbewehrte Pflichtnorm aus dem deutschen
Umsetzungsgesetz verstoßen würde.
Beispiel: YouTube
verweigert sich sowohl der Lizenzierung als auch irgendwelcher Form
der vorauseilenden oder nachträglichen Löschung nichtlizenzierter
Inhalte und wird daher mit einer Ordnungswidrigkeitenstrafe belegt.
Dann könnte
YouTube gegen den betreffenden Verwaltungsakt erst mal Beschwerde vor
den ordentlichen Gerichten (in diesem Fall Strafgerichtsbarkeit)
erheben und bei Nichterfolg dann damit vor das Verfassungsgericht
ziehen.
In diesem Fall
wäre es in der Tat denkbar, dass das Verfassungsgericht die
Pflichten von YouTube unter dem deutschen Umsetzungsgesetz zur
Richtlinie beleuchtet. Allerdings geht es dann auf YouTubes Seite
vorrangig gar nicht mehr um das Grundrecht auf Meinungsfreiheit,
sondern – wie auch auf Urheberseite – um die Grundrechte der
Berufsfreiheit und der Eigentumsfreiheit (bzw. noch genauer das
Grundrecht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb). Denn
YouTube versteht sich ja bekanntlich ausschließlich als „Plattform“.
D.h. YouTube möchte sich den Inhalt hochgeladener Clips auf gar
keinen Fall zu eigen machen und würde sich in dem beschriebenen Fall
daher sicherlich nie auf die Meinungsfreiheit berufen. Noch weniger
könnte YouTube eine Beschränkung der Meinungsfreiheit seiner Nutzer
geltend machen, denn das wäre wiederum ein Fall der oben
beschriebenen und in Deutschland nicht vorgesehenen Popularklage
(s.o.).
Auch auf diesem Wege kommt man also nicht zu dem Ziel einer Überprüfung von Art. 13 Abs. 4 der Copyright-Richtlinie („ensure the unavailability“) im Lichte des Grundrechts der Meinungsfreiheit.
Überprüfung der RL, Option b: Normenkontrollklage
Eine weitere
realistische Möglichkeit wäre eine so genannte abstrakte
Normenkontrollklage, die z.B. von der Opposition erhoben werden
könnte. Argumente für eine Verfassungswidrigkeit der Richtlinie
bzw. des deutschen Umsetzungsgesetzes müsste nach den schon auf das
römische Recht zurückgehenden Regeln des streitigen
Parteienprozesses in diesem Fall allerdings zuerst einmal der
Antragsteller und nicht die verteidigende Bundesregierung bringen.
Klingt trivial, ist aber bedeutsam. Man könnte salopp sagen: Das
deutsche Prozessrecht legt Rollen fest. Der Kläger (z.B. die
klagende Opposition) ist der Angreifer, der Beklagte (die
Bundesregierung, die den Gesetzentwurf verantwortet) ist der
Verteidiger. Nach den prozessualen Regeln muss der Angreifer erst
einmal Argumente für seine These liefern, das Gesetz sei
verfassungswidrig.
Und dann müssten die Gegner endlich Butter bei die Fische tun.
Es reicht ab diesem Punkt eben nicht mehr aus, mit Leerformeln wie „desaströs“ zu arbeiten.
Selbstverständlich wird es bei unterstelltem Einsatz von Uploadfiltern „False Positives“ geben. Aber im Verfassungsrecht gilt das Prinzip der praktischen Konkordanz. Und das bedeutet, der de lege ferenda durch False Positives entstehende Schaden für die Meinungsfreiheit müsste gegen den de lege lata bereits existierenden und jeden Tag wachsenden Schaden für die Eigentumsfreiheit der Urheber abgewogen werden. Letzterer ist auch unter dem Begriff Value Gap bekannt und wissenschaftlich schon recht gut untersucht (Bsp.: https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-658-20265-1_12).
Zu dem erwarteten Schaden durch False Positives gibt es hingegen nur eine Menge belegfreie Glaskugelei der Art.-13-Gegner. Wobei Glaskugelei schon zu viel gesagt ist, denn der Schaden wird ja einfach nur behauptet, ohne ihn irgendwie zu konkretisieren oder zu begründen.
FAZIT: Entwarnung
Ich persönlich
vermute, dass das Problem maßlos überschätzt wird und will auch
erklären, warum. Man stelle sich eine gigantische Torte vor. Diese
Torte ist der globale zwischenmenschliche Austausch über alle
denkbaren Kanäle von Buschtrommeln bis Satellitenhandy. Von dieser
Torte ist m.E. nur ein eher kleiner Teil internetgestützt. Von
diesem internetgestützten Teil entfällt wiederum nur ein kleiner
Teil auf die von Art. 13 Copyright-Richtlinie erfassten Plattformen.
Von diesem kleineren Stück eines kleineren Stücks beinhaltet jetzt
wiederum nur ein kleiner Bruchteil Drittcontent. Von diesem Bruchteil
eines Bruchteils eines Bruchteils werden die gefürchteten Filter
wiederum nur einen Bruchteil erfassen und nur ein Bruchteil davon
wird letztendlich tatsächlich „False Positives“ aufweisen.
Unter dem Strich wird durch False Positives also nur ein verschwindend geringer Teil der globalen Gesamtkommunikation erfasst. Ein Verfassungsgericht, welches diesen Schaden gegenüber dem Schaden des Value Gap abwägt, wird auch in Rechnung ziehen, dass das Kommunikationshindernis durch Filterung ja kein endgültiges ist, denn der von einer solchen Filterung Betroffene hat andere Möglichkeiten seine Meinung zu äußern, nämlich
den in der Richtlinie vorgesehenen Redress-Mechanismus (Art. 13 Abs. 8);
den Rechtsweg;
die Möglichkeit, seine Meinung ohne das für die Filter problematische Beiwerk auf demselben Wege noch mal zu posten (der U aus unserem Ausgangspunkt schreibt dann eine Videotafel mit dem Inhalt die „GroKo ist imperialer als der Todesstern“ und lädt sie hoch) oder
die Veröffentlichung seiner Meinung über einen anderen Kanal (nicht von Art. 13 erfasste Plattform oder außerhalb des Internets).
Zieht man hierzu
auch noch die diversen Safeguards der Richtlinie in Betracht, wie
z.B. den Verweis auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip (Art. 13 Abs.
4 a), die ausdrückliche Ausnahme von Schrankenbestimmungen zu Zitat,
Parodie etc. (Art. 13 Abs. 5), das Verbot genereller Überwachung
(Art. 13 Abs. 7) und die Ausnahmen für Startup-SMEs, kann ich mir
ehrlich gesagt kaum vorstellen, dass der zu erwartende Schaden für
die Meinungsfreiheit als so „desaströs“ eingeschätzt wird, dass
er durch die Eindämmung des „Value Gap“ nicht aufgewogen wird.
Dabei wird
möglicherweise auch eine Rolle spielen, dass die
Bundesverfassungsrichterinnen und –richter alle in einem Alter
sind, welches es ihnen ermöglicht, sich daran zu erinnern, dass es
auch schon vor dem Internet möglich war, Meinungsaustausch zu
betreiben. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass die Richterschaft
sich von dem so gern vorgebrachten Argument beeindrucken lässt, es
handele sich bei ihr um einen Haufen alter Menschen, die das Internet
nicht verstanden haben. Für mich übrigens nebenbei gesagt eine
besonders platte und bösartige Form von Ageismus. Man könnte
genauso gut oder vielmehr schlecht behaupten, netzaffine, junge
Menschen hätten die Fähigkeit verloren, über den Tellerrand des
Internets hinauszuschauen.
Leider ist eine Debatte in dieser analytischen Tiefe derzeit nicht mehr möglich und zwar spätestens seit MdEP Julia Reda auf die geniale Idee verfallen ist, mit platten Lügen wie „Memes werden verboten“ Teenager zur politischen Beeinflussung ihrer Eltern zu instrumentalisieren.
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TL;DR: Alle
Gegner des Art. 13 reden von Zensur und den „desaströsen“
Auswirkungen der zu erwartenden Uploadfilter, dabei
ist die
Frage der Einrichtung wie auch der genauen Konfiguration der Filter
(nur Maschine oder Mensch & Maschine) letztlich eine autonome
Entscheidung der Plattformen;
ist die
angebliche Desaströsität für die Meinungsfreiheit nicht nur
völlig unbelegt, sondern auch noch kontraintuitiv und
würde diese bei einer verfassungsrechtlichen Überprüfung mit den
Schäden durch den Value Gap abgewogen werden;
sind
Uploadfilter beim besten Willen keine Zensur im rechtlichen Sinne.
_________ [edit, mh 4,3,2019] ___________
Liebe Kommentierende,
leider lassen es meine Familie und meine beiden Brotberufe nicht zu, mich angemessen mit Ihren Kommentaren auseinanderzusetzen. Ich bitte daher um Verständnis, wenn ich nicht mehr selbst in die Debatte eingreife. Ich freue mich aber, dass mein Beitrag offensichtlich zu weiterem Nachdenken angeregt hat. Bitte missverstehen Sie mein Schweigen nicht als mangelnde Wertschätzung Ihrer Kommentare.
Diesmal war ich im Fernsehen, oder vielmehr war das Fernsehen bei mir, sodass es hier auch einen ersten visuellen Eindruck vom neuen Studio gibt. Der 3Sat-Redaktion Kulturzeit habe ich einige Fragen zur Urheberrechtsrichtlinie beantwortet, deren Entstehungsprozess ich seit einigen Jahren begleite.
Wer sich für weitere Details und für den Diskurs rund um dieses zukunftsweisende EU-Projekt interessiert, der sollte sich dieses Interview des WELT-Journalisten Christian Meier mit dem Sprecher der Initiative Urheberrecht, Prof. Gerhard Pfennig anhören (ab Min. 15). Da wird ganz Grundlegendes erklärt, und insbesondere vieles von dem, was nirgendwo sonst zu finden ist. Auf meiner Facebookseite gibt es zudem eine ganze Reihe öffentlicher Einträge dazu; nicht alles davon findet seinen Weg auf diese Seite.
Die Neue Musikzeitung NMZ hat mich um einen Nachschlag zur EU-Urheberrechtsrichtlinie gebeten, von der ja nun, Stand 5.2.2019, immer noch niemand weiß, ob und wenn wie.