Interview zur EU-Urheberrechtsrichtlinie in 3Sat / Kulturzeit

Diesmal war ich im Fernsehen, oder vielmehr war das Fernsehen bei mir, sodass es hier auch einen ersten visuellen Eindruck vom neuen Studio gibt.
Der 3Sat-Redaktion Kulturzeit habe ich einige Fragen zur Urheberrechtsrichtlinie beantwortet, deren Entstehungsprozess ich seit einigen Jahren begleite.

Wer sich für weitere Details und für den Diskurs rund um dieses zukunftsweisende EU-Projekt interessiert, der sollte sich dieses Interview des WELT-Journalisten Christian Meier mit dem Sprecher der Initiative Urheberrecht, Prof. Gerhard Pfennig anhören (ab Min. 15). Da wird ganz Grundlegendes erklärt, und insbesondere vieles von dem, was nirgendwo sonst zu finden ist.
Auf meiner Facebookseite gibt es zudem eine ganze Reihe öffentlicher Einträge dazu; nicht alles davon findet seinen Weg auf diese Seite.


Autor: Matthias Hornschuh

I compose. I reflect. I teach. I talk.

2 Gedanken zu „Interview zur EU-Urheberrechtsrichtlinie in 3Sat / Kulturzeit“

  1. Sehr geehrter Herr Hornschuh,

    ich habe Ihren Beitrag in der ZDF Mediathek gesehen und er hat mich sehr verärgert. Sie diskreditieren darin die Kritiker des Artikel 13 als unwissend. Gleichzeitig gehen sie mit keinem Wort auf die technische Machbarkeit dieser Uploadfilter ein. Technisch sind wir Jahre, wenn nicht eher Jahrzehnte, davon entfernt so etwas mit ausreichender Treffsicherheit hinzubekommen. Darüber hinaus entsteht hier etwas aus meiner Sicht sehr gefährliches. Die Unrecht- oder Rechtmäßigkeit wird nicht mehr vor Gerichten entschieden wie im Falle einer evtl. Klage wegen Urheberrechtsverletzung sondern de facto an eine private Firma ausgelagert.

    Die Befürchtungen, das Plattformen im Zweifelsfall eher den Upload verhindern werden anstatt das Risiko einer Klage / Strafe einzugehen sind durchaus ernst zu nehmen. Denkt man diesen Ansatz weiter, so stellt sich zum Beispiel die Frage ob nicht der Provider, der den Webspace für meine Homepage zur Verfügung stellt, ebenso technische Infrastruktur betreiben müsste, die verhindert, das ich auf meiner Homepage nicht lizensiertes Material bereitstelle. Ungefähr so, als wäre der Autohersteller für die von mir begangene Geschwindigkeitsübertragung haftbar weil weil er sie nicht technisch dank Straßenschilderkennung verhindert hat. Und bevor Sie das jetzt für eine gute Idee halten denken Sie bitte noch einmal darüber nach.

    Auch sonst kann ich ihren Argumenten nur schwer folgen. Es ist nicht Youtube selbst welches ein Musikstück verwendet ohne die notwendige Lizenz dafür zu haben. Es ist derjenige der das Video erstellt und hochlädt. Dieser sollte, wie in anderen Bereichen auch, selbstverständlich für seine Handlungen haften. Der Versuch diese Haftung auf die Plattform zu verlagern klingt für mich sehr stark danach es sich einfach zu machen ohne alle Konsequenzen zu bedenken.

    Noch etwas anderes. Der hier angegebene Link zu „Weitere Informationen zu Akismet und Widerrufsmöglichkeiten“ führt zu „https://forum.wpde.org/“ und nicht zu den gewünschten Informationen.

    1. Lieber Herr Hennig,

      erst einmal danke für den Hinweis auf Akismet; ich gehe dem nach.

      Es tut mir leid, dass Sie sich ärgern.

      Daher möchte ich Ihnen zunächst einmal berichten, wie so ein Interview abläuft: Das Briefing der Redaktion war, dass sie nichts über 30 Sekunden verwenden würden. Es wurden exakt die Fragen gestellt, auf die die Antworten hier vorliegen, und die Antworten sind in der Mediathek, soweit ich mich erinnern kann, auch vollständig wiedergegeben.

Ich denke, Sie werden verstehen, dass unter solchen Bedingungen niemand alle Aspekte, die möglicherweise Relevanz haben, abbilden kann. Notwendigerweise muss man verkürzen, eindampfen, fokussieren. Und unter Umständen in eine möglichst kurze Formulierung fassen, dass und warum man der erheblichen Komplexität eines Gegenstandes in zwei ein bis Sätzen nun mal nicht gerecht werden kann. 

      In dem im TV ausgestrahlten Bericht wurde von all dem, was ich gesagt habe, genau eine einzige Äußerung verwendet. Hingegen erhielt der abschließende Studiogast mehrere Minuten, in denen er sagen durfte, er sei ja nun mal kein Jurist und wisse auch nicht, wie das alles gehen solle – aber er fände halt Artikel 13 vorsichtshalber mal blöd.
      
Und wissen Sie was: Das hat mich verärgert. Sehr sogar. Denn ich bin Experte in diesem Thema und ich hätte auf alle Fragen, die gestellt wurden, Antworten gehabt.

      Warum ich mich als Experten bezeichne? 

      Ich arbeite seit mehr als 10 Jahren an diesem Thema, als Betroffener, als Vorsitzender eines Berufsverbandes, als Moderator und Vortragender und seit Mai 2018 auch als Aufsichtsrat der GEMA. Ich habe Vorträge auf juristischen Fachkonferenzen gehalten, Essays in juristischen Fachzeitschriften veröffentlicht, an Radio- und Fernsehdiskussionen teilgenommen und manche davon auch moderiert. 
Selbstverständlich gehe ich nicht hin und sage oder schreibe einfach irgendetwas, das ich halt meine, sondern ich arbeite aufs Engste mit Fach-Juristen zusammen, mit Anwälten, Akademikern und nicht zuletzt mit dem gesamten Justiziariat der GEMA und anderer Verwertungsgesellschaften wie GVL, VG Wort, VG BildKunst. 

Daher ist es eine erhebliche Respektlosigkeit und in der Sache wenig nachvollziehbar, wenn statt mich oder gar Prof. Pfennig zu befragen, irgendein Vlogger zu Wort kommt, der, so sympathisch er auch ist – das hat damit nämlich nichts zu tun -, einfach nicht Bescheid weiß. Der seine Hausaufgaben nicht gemacht hat und das auch noch total authentisch in die Kamera strahlt.
      

So geht das nicht.
      
Denn es geht gesamtgesellschaftlich um zu viel. 


      Ich wünschte mir, es gäbe Medienmacher, die ihr Publikum so schätzen, dass sie ihm diese Komplexität
      
a. zutrauen und dann vor allem auch
      
b. zumuten.
      Das ist aber offenbar nicht so.

      Und das geht schon zu lange so. 

Mittlerweile muss jeder, der sich nicht explizit von der Richtlinie distanziert, mit heftigsten, teils persönlichen Anfeindungen rechnen, auf den verschiedensten Kanälen. 

Da stellt sich mir eine ganz simple Frage:

      Wenn es doch die (Meinungs-)Freiheit ist, die hier verteidigt werden soll und für die Menschen Petitionen unterzeichnen, Demos besuchen, twittern etc, gehört nicht dann ganz unmissverständlich die Meinungsfreiheit der Andersmeinenden zum Kern dessen, was zu schützen ist?
      


      Ich denke, Sie verstehen, worauf ich hinauswill: Ich respektiere Ihre Sorgen und auch Ihren Ärger, aber es ist mein Recht, es ist das Recht, für das Sie kämpfen, eine andere Meinung zu haben als Sie und diese auch zu sagen.

      


Um nun zu Ihren inhaltlichen Kritikpunkten zu kommen:

      

Ich gehe mit keinem Wort auf die technische Machbarkeit von Filtern ein, weil danach nicht gefragt wurde.
      
Hätte man mich gefragt und hätte es eine Gelegenheit dazu gegeben, dann hätte ich wohl mit zwei Rückfragen geantwortet: 

      1. Was denn der Fragende eigentlich unter einem „Uploadfilter“ versteht? Ich weiß nicht, ob es Ihnen auffällt, aber das definiert ja niemand so recht, und das ist nun wirklich eine denkbar schlechte Voraussetzung für eine ernsthafte Diskussion.
      
2. Warum es eigentlich nötig sein sollte, darüber zu sprechen? Aus der Richtlinie lässt sich ja schlechterdings keine solche Notwendigkeit ableiten, zumindest nicht über das hinaus, was bereits im Einsatz ist (etwa ContentID) – und das wollen ja nun alle Protestierer um jeden Preis erhalten. Versteh ich nicht. 


      
Sie schreiben: „Die Befürchtungen, das Plattformen im Zweifelsfall eher den Upload verhindern werden anstatt das Risiko einer Klage / Strafe einzugehen sind durchaus ernst zu nehmen.“
      
Nein. Sind sie nicht. Aber um das nachvollziehen zu können, muss man sich eben im Urheberrecht, im Inhaltemarkt, in dessen Strukturen, Organen und Institutionen und in den (auch technischen) internationalen Lizenzierungsmechanismen und -gepflogenheiten auskennen. Ach so, und auch im Text der RL.
      Erstens priorisiert die RL eine Systematik, nach der die großen Plattformen pauschale und umfassende Lizenzvereinbarungen mit den Verwertungsgesellschaften (und anderen großen Rechteinhabern) treffen. Die RL ermöglicht es, dabei de facto pro Sparte (also z.B. Komposition, Interpretation, Bild, Wort) das GESAMTREPERTOIRE eines nationalen Raums abzubilden, sodass es überhaupt keine rechtliche und damit auch keine technische Notwendigkeit irgendeiner Filterung geben wird. Wenn Ihnen jemand etwas Anderes erzählt, sollten Sie vielleicht kurz dessen Agenda checken.
      Zweitens ist in der RL geregelt, was eine Plattform zu tun hat, sollte sie keine Lizenz erwerben können, und auch das läuft nicht auf automatisierte Filterung hinaus. Konkrete Löschentscheidungen müssen beispielsweise durch einen Menschen getroffen werden.

      UND: Privatuploader, die bislang keinerlei Rechte der Plattform gegenüber haben (da dort das Community Standards genannte Hausrecht gilt), erhalten eine eigene Rechtsposition und haben einen ANSPRUCH auf Veröffentlichung legitimer Inhalte.

      Da muss man erstmal dagegen sein. Versteh ich nicht.

      Letzter Punkt. Sie schreiben: „Es ist nicht Youtube selbst welches ein Musikstück verwendet ohne die notwendige Lizenz dafür zu haben.“
      Nun, was soll ich sagen?

      Doch. Denn genau das definiert die Richtlinie in Artikel 13 im ersten Satz.

      Ist Ihnen eigentlich klar, dass die einzige Alternative zu dieser Haftungszuweisung darin liegt, SIE als User, als Privatuploader in die Haftung zu nehmen? Und diese Haftung dann auch konsequent gegen die User durchzusetzen? 
Jeder User, der auf einer Plattformen Inhalte hochlädt, seien sie eigene oder die von Dritten, anerkennt die AGB des Hosters. Mit diesem einen Klick sichern Sie zu, im Besitz sämtlicher dafür nötiger Rechte zu sein und sämtliche Konsequenzen aus etwaigen Rechtsverstößen zu tragen. Sie haften mit Ihrem Privatvermögen. 

Ich denke schon, dass es eine gesellschaftlich nachhaltige Entscheidung ist, die User aus der Haftung zu nehmen bzw. das Recht um diese herumzuführen. Denn letzten Endes geht es meinen Kollegen nicht weniger als Ihnen darum, ein freies Netz zu schaffen und zu sichern.

      Frei kann kann das Netz aber nur dann sein, wenn es allen Menschen, die sich darin bewegen, gleichermaßen Freiheit gewährt. Und Freiheit ist definitionsgemäß niemals grenzenlos.
      Die Proteste der Gegner der Richtlinie nehmen leichtfertig in Kauf, die 140.000 Urheberinnen und Urheber, die alleine die Initiative Urheberrecht in Deutschland vertritt, die 72.000 Wahrnehmigungsberechtigten der GEMA rechtlos zu stellen. Weil sie in der derzeitigen Situation schlicht und ergreifend Tag für Tag vor den Augen der Öffentlichkeit ihres Lebensunterhalts beraubt werden.

      Das schulterzuckend in Kauf zu nehmen klingt für mich, ich darf Sie zitieren, „sehr stark danach es sich einfach zu machen ohne alle Konsequenzen zu bedenken.“

      Wenn Sie mehr erfahren möchten, möchte ich Sie bitten, zunächst ein paar der Texte hier auf der Seite zu lesen. Dort werden Sie viele Antworten finden, auch auf Fragen, die Sie noch gar nicht haben. Vielleicht werden Sie ja auch herausfinden, dass ich es mir keineswegs einfach mache.

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